Solare Architektur

 

Architekten war der Zusammenhang zwischen der Helligkeit einer Wohnung, dem Wohnwert und der Produktivität seiner Bewohner schon lange bekannt. In den Gartenstädten der zwanziger Jahre wurde das sozialreformistische Konzept verwirklicht, die Produktivkraft der Arbeiter durch sonnige Wohnformen in einer inszeniert ländlichen Umgebung zu erhöhen. Auch die Geburtenrate sollte so ansteigen. Man ging davon aus, daß beengte und dunkle Stadtwohnungen die Arbeiter nachts in die Kneipen treibt - eine individuelle Therapieform von Lichtdepressionen, die man ablehnte.

Auch Le Corbusier hatte sozialplanerische Ideen zur Lichtarchitektur. Die "Unité d´Habitation" sah neben riesigen Fenstern und Balkonen für jede Einheit auch die von allen Mietparteien gemeinsam nutzbare Dachterrasse vor.

 

Mit der Lichtproblematik befassen sich auch die postmodernen Architekten, seit in den Großstädten das Bewußtsein um das begrenzte Gut des Lichtes gewachsen ist. Trotzdem geht es immer noch selten um die simple Gleichung, daß für jedes gebaute Stockwerk ein anderes Gebäude buchstäblich in dessen Schatten steht. Vielmehr ist die Erkenntnis gereift, daß es die Großbauten selbst sind, die sich im Licht stehen.: Ein großer Anteil der Räume im inneren der Hochhäuser sind hoffnungslos verschattet, wenn nicht gar ganz fensterlos.

 

Der britische Architekt Norman Foster beschritt mit dem "Bank of China-Tower" in Hongkong neue Wege. Dort wo sonst im Zentrum eines Hochhauses der "blinde Kern" war, macht der Bank of China-Tower einem phantastischen Innenhof Platz durch den mit einem mobilen Lichtleitsystem Tageslicht in die einzelnen Stockwerke geflutet wird.

 

Seither ist die solare Architektur ins Blickfeld von Stadtplanern und Bauherren gerückt. Eine kleine aber wachsende Industrie entwickelt immer neue Lichtsysteme und Lichtkonzepte für ehrgeizige postmoderne Neubauprojekte.

Vergessen wird, wie so oft, daß der weitaus größte Anteil des städtischen Gebäudevolumens der Altbaubestand ist. Der größte Bedarf für solare Konzepte in der Architektur liegt also nicht im Neubau, sondern im Altbaubereich.

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